Das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun zur Verbesserung der Kommunikation
Tag: Glossar Veröffentlicht am: 24. Juli 2023 Autor: Sarah Perlick
“Wir haben ein neues Projekt.”
“Was soll ich denn noch alles machen?!”
In diesem kurzen Dialog läuft die Kommunikation nicht gerade ideal. Anhand des Kommunikationsquadrats von Friedemann Schulz von Thun aus dem Jahr 1981 gehen wir auf Erklärungssuche.
Das Kommunikationsquadrat besteht aus vier Ebenen der Kommunikation. Jede Ebene hat ihre eigene Funktion und Bedeutung, und eine erfolgreiche Kommunikation erfordert das Verständnis und die Anwendung aller vier Ebenen. Die Äußerung oder Nachricht entstammt den “vier Schnäbeln” des Senders oder der Senderin und trifft auf die “vier Ohren” des Empfängers oder der Empfängerin.
In unserem Beispiel hat Person A, zum Beispiel ein Teamleiter oder Vorgesetzter, den Auftrag für ein neues Projekt bekommen. Dieser Teamleiter möchte seinen Mitarbeiter darüber informieren und sagt nun im Meeting: “Wir haben ein neues Projekt bekommen.”
Was hat der Chef geäußert (“Vier Schnäbel”)?
- Sachebene: Es gibt ein neues Projekt.
- Selbstkundgabe: Ich treffe strategische Entscheidungen, welche Projekte wir bearbeiten.
- Beziehungsebene: Ich vertraue dem Mitarbeitenden diese Information an.
- Appellebene: Das Projekt muss bearbeitet werden.
“Was soll ich denn noch alles machen?!” Schauen wir nun, wie diese Äußerung bei dem Mitarbeiter nach Schulz von Thun ankommen kann (“vier Ohren”) – unabhängig davon, wie der Vorgesetzte sie gemeint hat:
- Sachebene: Es gibt ein neues Projekt.
- Selbstkundgabe: Dem Vorgesetzten ist der Unternehmenserfolg wichtig.
- Beziehungsebene: Er hat die Macht, mir Projekte aufzudrücken.
- Appellebene: Kümmere dich um das Projekt!
Das Beispiel macht deutlich, wie wichtig ein Verständnis über die vier Ebenen ist. Vielleicht hat der Vorgesetzte einen ganz anderen Verantwortlichen im Blick und will den Mitarbeiter wirklich nur informieren, während dieser über die vermeintliche Mehrarbeit oder die “Ansagen” seines Chefs frustriert und gestresst ist. Der Mitarbeitende empfängt die Aussage auf Beziehungs- und Appellebene, wo in der Regel mehr Emotionen im Spiel sind als auf der Sachebene – daher auch die defensive Reaktion.
Nachrichten können unterschiedlich gemeint und aufgefasst werden. Der Mitarbeiter sieht auf Beziehungsebene das Machtgefälle. Gleichzeitig könnte der Mitarbeiter die Information aber auch positiv auffassen: "Er traut mir zu, dass ich das Projekt wuppe.”
Auch können Nachrichten inkongruent sein, wenn beispielsweise der Sender etwas sagt, aber seine Körpersprache das Gegenteil ausdrückt. Viele von uns kennen vermutlich auf die Frage nach dem Befinden die “Alles super” Antwort, auch wenn offensichtlich nicht alles super ist.
Was sagt uns das? Bei Kommunikation kann so einiges schief gehen.
Was können wir für den Unternehmensalltag daraus lernen?
- Selbst wenn man klar zu kommunizieren meint, kann eine Aussage bei dem Empfänger oder der Empfängerin anders ankommen. Das liegt an den unterschiedlichen Ebenen, die eine Nachricht hat, und die auch Beziehung, vorherige Erfahrungen und non-verbale Kommunikation umfassen.
- Wer sich unsicher ist, wie eine Aussage gemeint ist, sollte lieber nachfragen statt zu interpretieren. Dafür ist eine Kultur hilfreich, die auf psychologische Sicherheit baut und Fragen nicht bestraft.
- Das Kommunikationsquadrat lässt sich gut zur Konfliktlösung oder -sensibilisierung einsetzen. Es erlaubt die Möglichkeit, zu erklären, wie eine Aussage wirklich gemeint war – und wie sie ankommen kann. Der gelernte Perspektivwechsel lässt sich dann auch auf weitere Situationen anwenden.